Sicherstellung der Versorgung von Neugeborenen

Hebammen, Ärzte und weitere Netzwerkpartner tauschen sich aus

Fachkräfte aus verschiedenen Bereichen tauschten sich im Landratsamt über die Sicherstellung der Versorgung von Neugeborenen aus Foto: Hans Prechtl, Landratsamt Schwandorf
Fachkräfte aus verschiedenen Bereichen tauschten sich im Landratsamt über die Sicherstellung der Versorgung von Neugeborenen aus
Foto: Hans Prechtl, Landratsamt Schwandorf

SCHWANDORF. Seit geraumer Zeit beobachten Fachkräfte, Kooperations- und Netzwerkpartner im Landkreis Schwandorf die Tendenz, dass die Versorgungssituation für Neugeborene, (Klein-)Kinder und deren Familien immer schwieriger sichergestellt werden kann. Ein Alarmsignal, das von Vertreterinnen der Koordinationsstelle frühe Kindheit (Koki), dem Leiter des Kreisjugendamtes Martin Rothut und der Leiterin des Gesundheitsamtes Dr. Stefanie Bauer zum Anlass genommen wurde, professionsübergreifend Hebammen, Ärztinnen und Ärzte, Kinderkrankenschwestern und Vertreter der Frühförderstelle, der Erziehungsberatungsstelle, der Schwangerenberatungsstelle und von weiteren Fachdiensten des Gesundheitsamtes zu einem runden Tisch einzuladen.
Ziel des Gespräches war, mehr Transparenz hinsichtlich der aktuellen Situation aus dem Blickwinkel der einzelnen Beteiligten zu schaffen, bestehende Probleme zu benennen und Lösungsansätze auszuarbeiten. Dass für eine solche Veranstaltung allgemein Bedarf gesehen wird, zeigte das bunte Teilnehmerbild mit flächendeckender Beteiligung der Akteure aus den unterschiedlichen Bereichen des Gesundheitswesens.

Im Landkreis Schwandorf sind derzeit 24 Hebammen gemeldet. Gerade die an diese Berufsgruppe gestellten Anforderungen unterliegen einem ständigen Wandel, einhergehend mit einem kontinuierlichen Anstieg der zu tragenden Verantwortung. Ein in der öffentlichen Wahrnehmung viel zu wenig bekannter Grund hierfür mag die sukzessive Kürzung der stationären Krankenhausaufenthalte nach der Entbindung sein. Noch bis vor einigen Jahren wurden Generationen junger Mütter nach der Geburt „multiprofessionell gut versorgt im Krankenhaus“ in Pflege und Betreuung der Säuglinge durch Hebammen eingewiesen und hatten somit die Möglichkeit, unter fachkundiger Begleitung in die „neue Rolle und den neuen Lebensabschnitt“ hineinzuwachsen.
Dieser Lern- und Lehrprozess ist inzwischen weitgehend in den Bereich der ambulanten Hebammennachsorge verlagert Diese wird allerdings nicht – wie leider oft fälschlicherweise angenommen- automatisch jeder Wöchnerin zugeteilt. Genießt man das Privileg einer sichergestellten Nachsorge, kommt zusätzlich erschwerend das pauschale Abrechnungssystem für den Hebammen-Hausbesuch hinzu. Der Standardbetreuung wird nicht mehr als 20 bis 25 Minuten eingeräumt- eine Zeitspanne, die oft bei Weitem nicht reicht, alle Unsicherheiten und Fragen zu klären, geschweige denn Mutter und Kind umfassend zu untersuchen. Wie dringend notwendig Unterstützungsbedarf gerade in der fragilen Übergangszeit, dem sog. Wochenbett, ist, wird häufig von den Betroffenen zu spät erkannt – wenn freie Hebammenkapazitäten nicht mehr bestehen, da diese bereits Monate im Voraus ausgebucht sind.

Aktuell sollte bereits mit Feststellung einer Schwangerschaft unbedingt Kontakt zu einer Hebamme zur Klärung der zukünftigen Versorgungssituation hergestellt werden. Eine Notwendigkeit, die über alle möglichen Kanäle deutlicher kommuniziert werden muss. Auch sollten werdende Mütter bzw. Eltern motiviert werden, intensiver vorgeburtliche Angebote im Sinne der Geburtsvorbereitungskurse von Hebammen sowie der Elternschule am St. Barbara Krankenhaus in Schwandorf wahrzunehmen, unabhängig vom jeweiligen Wohnort. Viele Fragen und Unsicherheiten lassen sich in diesem Rahmen bereits im Vorfeld bearbeiten und entlasten damit die intensive Nachsorgephase.

Mit nur fünf Kinderarztpraxen im Landkreis, die oft zusätzlich mit dem Problem des Fachkräftemangels in Hinblick auf medizinische Fachangestellte zu kämpfen haben, ist auch die pädiatrische Versorgung angespannt. Aufnahmestopps und lange Wartezeiten bei der Terminvergabe (in der Telefon-Warteschleife) sind bedauerlicherweise keine Seltenheit und können auch durch Digitalisierungsoptionen wie der Online-Terminvergabe nicht immer zufriedenstellend abgefangen werden. Um gerade die frühen Untersuchungen der ganz Kleinen sicherzustellen (U2/U3), ist daher ein vorausschauendes Planen und eine Abstimmung der Akteure untereinander, sowie in Kooperation mit den werdenden Eltern enorm wichtig.
Erfreulicherweise sind die niedergelassenen Praxen und die Geburtsklinik des Landkreises nicht nur für das Thema sensibilisiert, sondern auch um Lösungsansätze bemüht. So bietet das St. Barbara Krankenhaus bei frühzeitiger Entlassung die „Ambulante U2“ an; bei vielen Kinderärzten werden Kinder, die einer U2/U3 bedürfen, vorrangig behandelt.

Sprachbarriere bleibt Herausforderung
Einstimmigkeit bei allen Beteiligten herrscht, dass die Sprachbarriere bei der Betreuung der zahlenmäßig kontinuierlich steigenden Klientel mit Migrationshintergrund eine enorme Herausforderung, wenn nicht Überforderung darstellt. So bleibt trotz des hohen Zeitaufwandes, häufig ohne Dolmetscher Situationen richtig zu erfassen, Probleme zu identifizieren und essentielle Informationen zu transportieren, nicht selten das mulmige Gefühl bei den Verantwortlichen zurück, die Versorgung der Schutzbedürftigen nicht ausreichend gewährleisten zu können. Die Fachkräfte wünschten, Entlastung zu schaffen, indem eine ausreichende Anzahl von kompetenten Übersetzern und festangestellten Sozialarbeitern sowie Hebammen, insbesondere für die Betreuung von Müttern und ihre Neugeborenen bzw. (Klein)Kindern in Gemeinschaftsunterkünften bereitgestellt werden.

Im Ausblick auf die Zukunft stimmt optimistisch, dass das Studienangebot für Hebammen mit Ableistung der praktischen Studienphase am St. Barbara Krankenhaus in Schwandorf gut angenommen wird, so dass es hoffentlich gelingen mag, die Hebammenzahl im Landkreis im Verlauf der kommenden Jahre dauerhaft sukzessive aufzustocken und sichern. Zusammenfassend wurde eine Verstetigung des interprofessionellen Austausches allgemein begrüßt. Als Fazit lässt sich festhalten, dass alle Akteure – selbst in belastenden Zeiten dauerhafter Krisen, personeller Engpässe und finanzieller Unsicherheit – standhaft der Resignation trotzen, nach alltagstauglichen Lösungen suchen und den Wunsch haben, die jungen Familien in dieser sensiblen Lebensphase mit ihrer Expertise bestmöglich zu unterstützen.

Bericht: Landratsamt Schwandorf