Neue Wege an der vhs Amberg-Sulzbach

Elternintegrations- und berufsbezogene Deutschkurse im „hybriden Format“ erfolgreich gestartet

In den Unterrichtscontainern hinter der Walter-Höllerer-Realschule hält die vhs Amberg-Sulzbach jetzt ihren Elternintegrationskurs Foto: Joachim Gebhardt
In den Unterrichtscontainern hinter der Walter-Höllerer-Realschule hält die vhs Amberg-Sulzbach jetzt ihren Elternintegrationskurs
Foto: Joachim Gebhardt

AMBERG-SULZBACH. Er ist neu, digital und effektiv: Im Elternintegrationskurs der vhs Amberg-Sulzbach erwerben Migranten aus vielen Ländern ihre ersten Deutschkenntnisse und erweitern sie anschließend zielstrebig. Die Premiere kommt gut an und macht Hoffnung auf weitere Erfolge.
Der neue Kurs läuft über das BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge), die vhs hat eine Zulassung für die Durchführung und Unterrichtung bestimmter Kurse. Als Kursteilnehmer sind ausschließlich Eltern eingetragen, zehn Personen im ersten Modul. Jetzt startete der Elternintegrationskurs im Container-Gebäude der Walter-Höllerer-Realschule in Sulzbach-Rosenberg. „Diese Hybridform findet zum ersten Mal statt,  demnach besuchen zwei Personen den Unterricht über eine Onlinekonferenz, acht sind im Präsenzunterricht“, informierte vhs-Leiterin Claudia Mai. Die Teilnehmer kommen teilweise aus dem Irak, Syrien, Albanien, Kasachstan, Rumänien, Griechenland, Russland sowie aus der Ukraine. Ihnen stehen als Sprachdozenten Eva Baszack und Larissa Werner zur Seite.

Zielgruppe, so Claudia Mai weiter, seien zugewanderte Eltern ohne ausreichende Sprachkenntnisse, also unterhalb des Niveaus B1 („Verstehen der Hauptpunkte“)  entsprechend dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER). Ihnen wurde im Einstufungsverfahren der Besuch eines Elternintegrationskurses empfohlen. Teilnehmerinnen und Teilnehmer an einem Orientierungskurs sind dagegen zugewanderte Eltern, die den Sprachkurs durchlaufen haben oder bereits über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen. Voraussetzung für den Besuch eines Elternintegrationskurses ist, dass zu Beginn des Kurses mindestens ein Kind das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat.
Wie lange dauert der Kurs? Ein Sprachkurs, heißt es in der Pressemitteilung weiter, sei mit bis zu 900 Unterrichtseinheiten angesetzt, der Orientierungskurs mit 100. Die 900 Unterrichtseinheiten teilten sich auf in einen Basissprachkurs mit 300, den Aufbausprachkurs A mit 300 und den Aufbausprachkurs B mit ebenfalls 300 Einheiten. Diese seien jeweils unterteilt in Kursabschnitte zu 100.

Viele Schwerpunkte würden behandelt im Unterricht: Es gebe unter anderem die Themenfelder Ämter und Behörden (Jugendamt, Kinder – und Jugendeinrichtungen, Bibliotheken), Arbeit und Beruf, Aus- und Weiterbildung, Betreuung und Erziehung von Kindern (Schulen und Kindergärten, dortiger Alltag, Elterngremien, Sprachförderung der Kinder, Hausaufgabenbetreuung). Im Kurs gehe es aber auch um Essen und Trinken sprich die Ernährungsgewohnheiten von Kindern und Jugendlichen zu Hause und in den besuchten Einrichtungen, um Freizeit, Sport, Gesundheit und Hygiene, die Orientierung im Gesundheitssystem, medizinische Vorsorge und die Behandlung für Kinder. Ergänzend kämen hinzu Mobilität und Verkehr, Orientierung im Wohnort oder im Stadtviertel, Jugendeinrichtungen sowie Möglichkeiten der Freizeitgestaltung für Kinder und Jugendliche.

Nach 900 Unterrichtseinheiten müssten die Teilnehmer eine offizielle telc-DTZ Prüfung, den Deutschtest für Zuwanderer, also die A2- oder B1-Prüfung ablegen. Dann beginne der Orientierungskurs mit seinen 100 Unterrichtseinheiten. Hier werden Alltagswissen sowie Kenntnisse über Rechtsordnung, Geschichte und Kultur in Deutschland vermittelt. „Auf Kenntnisse der Werte des demokratischen Staatswesens der Bundesrepublik Deutschland und der Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Gleichberechtigung, der Toleranz und der Religionsfreiheit wird dabei besonderes Gewicht gelegt“, heißt es in der offiziellen Beschreibung. Am Ende dieses Orientierungskurses steht ein skalierter Test („Leben in Deutschland“), ein Wissenstest mit 310 Fragen. 33 Aufgaben aus diesen Fragen sind in einer Stunde zu erledigen. Mit bestandenem B1 und dem Test „Leben in Deutschland“ kann man sich, je nach seinen Voraussetzungen, einbürgern lassen.

Es läuft noch ein zweiter Kurs, dieser allerdings schon zur Stufe B2: Im Gebäude der VHS bildet Sprachdozentin Corinna Groth elf Teilnehmer aus, davon sieben im Präsenz- und vier im Online-Unterricht. Sie kommen aus Kasachstan, Eritrea, Kenia, Litauen, den Philippinen, Albanien, USA, Afghanistan und der Ukraine. Hauptproblem bei der Integration von Zuwanderern in den Arbeitsmarkt seien nicht immer die Sprachkenntnisse, weiß die VHS-Integrationsbeauftragte Irma Axt. „Grundvoraussetzung für eine Berufsausbildung ist B1, aber dann sind massive Schwierigkeiten in der Berufsschule zu erwarten.“

Für Pflegeberufe sei dagegen B2 Voraussetzung. Man unterscheide Alltagssprache, Berufssprache, Fachsprache und Bildungssprache. Der Aufbau des Kurses ist ebenfalls anspruchsvoll: Zunächst sind da 100 Unterrichtseinheiten als Brückenelement, weil der Schritt vom B1-Zertifikat zu B2 für die meisten Teilnehmer zu groß ist. 400 Einheiten führen dann zum B2-Kurs. Das heißt täglich fünf Einheiten Unterricht, dazu Hausaufgaben und eigenständiges Lernen: Deswegen gilt der  Deutschkurs als Vollzeittätigkeit. Integriert sind mindestens eine, maximal drei Exkursionen in Firmen, damit die Teilnehmer Anregungen für die Berufswahl und so einen ersten Einblick in die Arbeitswelt erhalten – das ist allerdings derzeit schwierig wegen Corona.

Nach dem erfolgreichen Start lobte die Integrationsbeauftragte der Landkreis-vhs, Irma Axt den neuen Weg: „Claudia Mai hat hier enormes Engagement und großen Ideenreichtum bewiesen und mit diesem Hybrid-Modell die Digitalisierung weit vorangebracht.“ Die Volkshochschulleiterin selbst dankte abschließend dem Realschulleiter Martin Zimmermann für die Unterstützung bei der „Ansiedlung“ im Unterrichtscontainer am Erlheimer Weg.

Sprachniveaus nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER):
A:  Elementare Sprachverwendung A1 („Überlebensniveau“)
A2: Mit Unterstützung Verständigung über konkrete Alltagsthemen verständigen
B: Selbstständige Sprachverwendung
B1: Eigenständige Führung eines Gesprächs über konkrete Alltagsthemen.

Voraussetzung für die Einbürgerung:
B2: Verständigung auch über abstrakte Themen
C: Kompetente Sprachverwendung
C1/C2: Annähernd muttersprachliche Kenntnisse

Bericht: Landratsamt Amberg-Sulzbach